Ein junger Mensch wurde straffällig - was nun?
Hat ein junger Mensch eine Straftat begangen, bei der die Polizei die Ermittlungen aufnimmt und die Staatsanwaltschaft tätig wird, kommt es eventuell zu einer Gerichtsverhandlung. Die Situation ist für Dich und Sie als Eltern oft schwierig und jeder geht anders mit einer solchen Lage um. Es kann natürlich wegen der Straftat auch Streit innerhalb der Familie geben. Die sorgenvolle Frage heißt: „Was kommt auf uns zu?“
Hier beginnt die Aufgabe der Jugendhilfe im Strafverfahren!
Wir von der Jugendhilfe im Strafverfahren sind jetzt für Euch da:
- Wir beraten Euch und Eure Familie, erklären alles ganz in Ruhe, damit ihr gemeinsam besser durch diese schwierige Zeit kommt.
- Wir bieten pädagogische, psychologische und soziale Hilfe, die genau zu Euch und Eurer Situation passt. Wir lassen Euch nicht allein!
- Auch wenn Ihr alles geschafft habt, also das Verfahren beendet ist, sind wir weiter für Euch da. Zu diesen Hilfen vor und nach der Gerichtsverhandlung gehören unter anderem:
- Beratung bei Erziehungsfragen
- Beratung bei schulischen oder beruflichen Problemen
- Beratung und Vermittlung bei erforderlichen Therapien
- Beratung entsprechend der persönlichen Situation
Wir beziehen während der gesamten Begleitung die Jugendlichen bzw. Heranwachsenden und deren Eltern unmittelbar mit ein. Es wird nichts über Eure/Ihre Köpfe hinweg geschehen.
Der Erziehungsgedanke des Jugendgerichtsgesetzes ist für uns bindend.
Persönliche Gespräche als Grundlage für den gesetzlichen Auftrag
Damit wir Euch wirklich helfen können, müssen wir Dich und Deine Familie kennenlernen, Eure Situation verstehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns noch vor einer evtl. Gerichtsverhandlung, dem sogenannten Jugendstrafverfahren, zusammensetzen und über alles sprechen.
Wann kommt es zu einem Jugendstrafverfahren?
Zu einem Jugendstrafverfahren kommt es, wenn 14- bis 21-jährige junge Menschen eine Straftat begehen. Grundlage für dieses Jugendstrafverfahren ist das Jugendgerichtsgesetz (JGG). Dieses sagt aus, dass im Mittelpunkt des Verfahrens die Persönlichkeit der jungen Menschen steht und nicht vorrangig die Straftat.
Für welche Altersgruppe gilt das Jugendstrafverfahren?
Es gibt zwei Gruppen:
- Die Jugendlichen von 14 bis 18 Jahren und
- die Heranwachsenden von 18 bis 21 Jahren.
Kinder unter 14 Jahren sind nicht strafmündig.
Was macht die Jugendhilfe im Strafverfahren?
Die Jugendhilfe im Strafverfahren ist eine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe des Jugendamtes ( Link zu § 52 SGB VIIIÖffnet sich in einem neuen Fenster). Sie ist weder Staatsanwalt (sie klagt nicht an) noch Rechtsanwalt (sie verteidigt nicht). Vielmehr bringt sie ein möglichst objektives Bild der bisherigen Entwicklung und der augenblicklichen Lebenssituation der jungen Menschen in das Verfahren ein.
Für Probleme, die zur Straftat führten oder die aus der Straftat entstanden sind, wird Beratung und Hilfe angeboten:
- Durch Gespräche vor der Gerichtsverhandlung kann ein Bild von der persönlichen Situation, den sozialen und familiären Gegebenheiten, der schulischen oder beruflichen Entwicklung und dem Freizeitverhalten gewonnen werden.
- Deine Eltern werden in die Beurteilung mit einbezogen.
- Aus all diesen Eindrücken und Informationen gewinnt die Jugendhilfe im Strafverfahren ein Bild von der Persönlichkeit des jungen Menschen und unterbreitet in der Gerichtsverhandlung einen Vorschlag für eine geeignete erzieherische Hilfe.
- Auch bei der Gerichtverhandlung begleiten wir Euch und machen einen geeigneten Vorschlag für das Strafmaß.
Folgende Hilfen können von der Jugendhilfe im Strafverfahren im Gerichtsverfahren vorgeschlagen und im Anschluss umgesetzt werden:
- Betreute Arbeitsstunden
- "Schwitzen statt Sitzen" - als tagesstrukturierendes Angebot oder Gruppenangebot
- Gewaltpräventionstraining - bei Straftaten, die mit Gewalt in Zusammenhang stehen
- Verhaltenstraining für junge Menschen mit sexuell grenzverletzendem Verhalten
- Hilfen zur Erziehung nach dem Sozialgesetzbuch VIII
Diese Angebote bieten freie Träger der Jugendhilfe in der Stadt Kassel an. Die Hilfen können auch durch Weisungen sowie Auflagen als Beschluss in der Gerichtsverhandlung aufgenommen werden.
Weitere Hilfsangebote sind:
- Unterstützung bei Drogenproblemen (Kooperation mit dem Drogenhilfe Nordhessen e.V.) in Form von Beratungen, Kursen und Vermittlung zur Drogentherapie und Drogentests
- Täter-Opfer-Ausgleich
Auch inhaftierte Jugendliche und Heranwachsende werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendhilfe im Strafverfahren betreut.
... und danach?
Nach der Hauptverhandlung haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendhilfe im Strafverfahren die Aufgabe, bei der Erfüllung der richterlichen Maßnahmen mitzuwirken. Wenn für Euch und Eure Familie weitere erzieherische Beratung oder Hilfen notwendig sind und gewünscht werden, sind wir auch nach Abschluss des Strafverfahrens für die Familien da.
Zum Beispiel bei
- auferlegten Weisungen (z. B. gemeinnützige Arbeit, Drogentest etc.) oder
- Auflagen (z. B. Schadenswiedergutmachung)
vermittelt die Jugendhilfe im Strafverfahren Einsatzstellen oder hilft bei Schwierigkeiten.
Die Jugendhilfe im Strafverfahren ist weiterhin ansprechbar für alle Probleme, die durch die strafbare Handlung entstanden sind.
„Muss es immer mit einer Gerichtsverhandlung enden?“
Manchmal ist es möglich, ein Verfahren auch ohne Gerichtsverhandlung zu beenden (Diversionsverfahren).
Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass der junge Mensch die Tat zugegeben hat und ein gewisses Maß an Unrechtseinsicht vorhanden ist. Die Jugendhilfe im Strafverfahren regt dies nach Möglichkeit schon bei der Staatsanwaltschaft an.
... und sonst?
Die Jugendhilfe im Strafverfahren berät jederzeit Jugendliche und Heranwachsende sowie Eltern zu allen Fragen von Jugendkriminalität und Jugendstrafrecht.
Wie entsteht der Kontakt zur Jugendhilfe im Strafverfahren?
Die Jugendhilfe im Strafverfahren wird von der Polizei und der Staatsanwaltschaft über ein Strafverfahren unterrichtet. Danach setzt sie sich mit den jungen Menschen und deren Eltern in Verbindung.
Es wäre für alle Beteiligten vorteilhaft, wenn Ihr und Eure Eltern Euch selbst umgehend an die Jugendhilfe im Strafverfahren wendet, sobald eine Straftat aktenkundig geworden ist. So können im persönlichen Gespräch wichtige Fragen rechtzeitig beantwortet werden.
Wir beraten Euch und Eure Eltern gern!